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Erziehungstipps - Geschichten, die das Leben schreibt oder: Oscar lässt es nie langweilig werden...


In den letzten Jahren hat sich der "Stil" der Hundeerziehung sehr verändert. Aufgrund neuerer Forschungsergebnisse findet ein Wandel weg von der Erziehung durch Gewalt hin zur Erziehung durch positive Motivation statt. Übersetzt bedeutet das, dass der Hund nicht durch Schläge oder sonstige Gewaltanwendung zum Erlernen bzw. Befolgen von Befehlen gebracht wird, sondern durch eine Belohnung bei korrekter Ausführung moitiviert wird. Lernen soll Spaß machen und nicht mit Angst verknüpft werden.

Insbesondere bei Foxterriern wird immer von konsequenter, strenger Erziehung gesprochen. Leider verstehen viele darunter eine harte Ausbildung mit reichlich Körpereinsatz...

Hier von artgerechter und dauerhafte Erfolge versprechender Erziehung zu sprechen verbietet sich von selbst. Im Gegenteil: häufig ist genau diese Art der Kommunikation die Ursache für schlimme Beißunfälle. Wie Sie unten lesen können, habe ich selbst erfahren dürfen, welche Folgen einen hartes Anfassen seines Hundes haben kann.

Gerade der Foxterrier ist ein sehr sensibler und intelligenter Hund, der ohne brachiale Gewalt aber mit absoluter Konsequenz und viel Liebe erzogen werden will (wie jeder andere Hund auch). Das A. und O. sind die Beherrschung der fein abgestimmten hündischen Kommunikationsformen sowie absolute Selbstkontrolle. Darin bildet aber leider aus Unwissenheit kaum ein Hundetrainer aus.

Wenn ich mich im Folgenden negativ über Hundetrainer äußere, so beziehe ich mich damit lediglich auf unsere eigenen sehr unbefriedigenden Erfahrungen. Es gibt natürlich auch wirkliche Hundeversteher, aber wir kennen bisher nur einen persönlich und der trainiert leider in Österreich. Günter hat uns für viele Problemlösungen mögliche Wege aufgezeigt und uns deutlich gemacht, dass unsere Sicht der Dinge und unsere menschlich Denkweise das eigentliche Problem sind und nicht der Hund. Wie wahr!

Übrigens hat Banyas und Oscars Züchterin Elke Günter inzwischen davon überzeugen können ihrem Hotdogs-Team beizutreten. Hotdogs ist eine Hundeschule in Wien, der kein Hund zu heiß ist...


Also:

Hören Sie bitte nicht auf Hundetrainer, die Ihnen einreden wollen, dass Sie das meist auch noch falsch interpretierte Dominanzverhalten Ihres Hundes (viele führen als Beweise Knurrlaute oder das Liegen auf der Couch an) mit körperlichem Einwirken abstellen sollten.

Aus leidiger Erfahrung haben wir gelernt, dass kaum ein Hundetrainer in der Region Würzburg (es darf sich jeder so nennen) in der Lage ist, überhaupt zwischen Verteidigungs- und Angriffsaussehen bzw. -lauten zu unterscheiden, geschweige denn den Halter darüber aufzuklären. Sie sollten in schwierigen Situationen einfach auf ihren Bauch hören.

Ein Hund kann bekanntlich ;0) nicht sprechen und teilt seine Stimmungen über Bell-, Knurr- und Quieklaute mit. Außerdem ist dabei seine Mimik von entscheidender Bedeutung für die richtige Übersetzung.



Die meisten Knurrlaute, die ein sozialisierter Hund gegenüber seinen Menschen ablässt stellen Verteidigungs- und k e i n e Angriffszeichen dar. Mit Dominanz hat das in den seltensten Fällen zu tun.

Ein Beispiel (zum Glück einmalig aber schockierend): Oscar findet im Wald ein Stück Aas. Ich gehe schnell auf ihn zu, um es ihm ab zu nehmen. Oscar reagiert auf das sonst vortrefflich befolgte "Aus" mit kräftigem Zusammenpressen seiner Kiefer. Ich versuche sein Maul von oben greifend und über ihn gebeugt zu öffnen, woraufhin er laut vernehmlich mit weit zurück gezogenen Leftzen knurrt. Dummerweise halte ich das Knurren für Dominanz und verfahre wie in vielen Hundeschulen empfohlen. Oscar (ein pubertierender Jungrüde) muss aufgrund seines dominanten Verhaltens sofort gezeigt werden, wer der Stärkere ist. Das geht über das sogenannte "Legen", d.h. er wird auf den Rücken geworfen. Was jetzt aufgrund meiner Dummheit passiert kann sich jeder wirkliche Hundekenner denken... Oscar versucht zu Schnappen und ist außer Rand und Band. Er attackiert mich.

Mein Bauch sagt mir: einfach Umdrehen, aus Selbstschutz. Gedacht, getan. Oscar lässt sich zu Boden fallen und sendet deutliche Beschwichtigungssignale wie freiwilliges "Rückendrehen"und anschließendes "Mundwinkellecken".

Ich verstehe den Hund nicht mehr (habe ich ja auch noch nie...), weil ich doch genau nach "Expertenrat" verfahren bin. Haben wir etwa einen unberechenbaren Beißer, der eine Gefahr für uns und andere darstellt? Mir gehen sofort die Bilder von "Kampfhund-Attacken" durch den Kopf. Aber unser Oscar ist doch bisher nie auffällig geworden und ließ sich immer problemlos auf den Rücken drehen. Der Gehorsam ist auch von Dritten als sehr gut bezeichnet worden.

Was war nur passiert? Wo liegt die Ursache für das gezeigte Verhalten?

Da Oscar wesensfest und nicht als Angriffsbeißer zu bezeichnen ist (soweit haben wir es zum Glück nicht kommen lassen) machte ich mich an die Fehlersuche.

Angefangen habe ich ganz vorne, nämlich beim Ausrucksverhalten von Hund und Mensch. Wie nimmt wer was wahr (Kommunikation)?

Zum Glück fand ich aufgrund eines hilfreichen Tipps von Foxterrier-Halterin und -ausbilderin Sandra Schmidt wertvolle Hinweise in dem Buch von Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen, "Hundepsychologie". Die Autorin ist eine weltweit anerkannte Caniden-Verhaltensforscherin. Eindrucksvoll stellt sie anhand von Fotos und Zeichnungen das Ausdrucksverhalten des Hundes und seine Bedeutung für den Menschen dar. Hervorzuheben ist hier auch das Buch von Turid Rugaas, "Calming Signals". Mehr dazu finden Sie unter Literaturtipps auf der Seite "Fundgrube für Bücherfreunde".


Zurück:

Was war im Wald aus Oscars Sicht passiert? Er hat ein Stück Beute gefunden, sein Mensch geht zügig direkt, d.h. drohend, auf ihn zu. Er zeigt Unterwürfigkeit durch seine Duckbewegung (er setzt nicht zu Sprung an!), die aber übersehen wird. Sein Mensch spricht ihn mit tiefer Stimme bedrohlich an, greift von oben über seinen Fang und starrt böse: der sonst in Spielsituationen einwandfrei befolgte Befehl "Aus" verfehlt seine Wirkung. Es handelt sich für Oscar aufgrund des menschlichen Verhaltens (Bewegung, Mimik, Stimme) nicht um eine Spielsituation.

Dazu kommt, dass die Beute sein Grundbedürfnis nach Nahrung befriedigt. Warum soll er das abgeben? Um erneut seine instinktgesteuerte Verteidigungsbereitschaft deutlich zu machen, knurrt Oscar laut und zieht seine Leftzen längs weit nach hinten. Er warnt deutlich: einen Schritt weiter und ich muss Dich beißen, um mich zu verteidigen.

Jetzt folgt der Super-Gau: sein Mensch packt ihn und versucht ihn auf den Rücken zu drehen. In absoluter Todesangst (es handelt sich nicht um ein denkendes sondern ein instinktgesteuertes reagierendes TIER) bleibt nur das Schnappen bzw. Beißen als letzter Ausweg. Plötzlich wendet sich sein Mensch ab und zeigt unbewusst ein hundliches Beschwichtigungssignal. Oscar reagiert sofort, indem er ablässt und sich selbst in "Demutshaltung" begibt und damit starke Beschwichtigungssignale an seinen hierachisch höher stehenden Menschen sendet. Für ihn ist die Welt wieder in Ordnung.

Passiert einem Menschen aus hundlicher Sicht ein solches Fehlverhalten öfter, zerbricht die Vertrauensbasis zwischen beiden. Der Hund versucht im Rang aufzusteigen, um den unberechenbaren und die Gruppe gefährdenden menschlichen Führer zu ersetzen. Das kann für den Menschen lebensgefährlich werden und endet häufig mit der Einschläferung des nicht erklärbar aggressiven Hundes!

FAZIT: Zeigt ein Hund tatsächlich Dominanzverhalten gegenüber Erwachsenen (Kinder haben einen anderen Status und sollten nie unbeaufsichtigt mit einem Hund sein), so hat der Mensch in der Regel selbst durch sein "unhundliches Verhalten" die unerfreuliche und auch gefährliche Situation geschaffen. Jetzt ist eine sofortige Verhaltensänderung des Besitzers notwendig.

Oberste Priorität hat dabei eine ruhige, bestimmte Stimme.

Sollten sich erneut kritische Situationen ergeben, muss der Mensch umgehend deeskalierende Maßnahmen einleiten. Konkret bedeutet dies: Gehe mindestens einen Schritt von dem Hund zurück, wende den Blick ab und achte aus den Augenwinkeln auf sein Verhalten, um Dich evtl. rechtzeitig schützen zu können. Ein sozialisierter!!! Hund reagiert seinerseits mit Ruhe/Neutralität bzw. Beschwichtigungssignalen. Sollte das nicht der Fall sein, ist unbedingt von einer Annäherung an den Hund abzuraten. Er könnte Ihnen im wahrsten Sinne des Wortes an die Gurgel springen.

Bei Oscar klappt es hervorragend ein kleines Stück auf Abstand zu gehen und ihn dann erneut mit dem Kommando "Aus", "Zurück" oder "Platz" an zu sprechen. Er hat seit dem "Wald-Zwischenfall" Ende November 2004 nie wieder seine Beute verteidigt und legt sie freiwillig vor mir ab! Im Gegenzug bekommt er sein Lieblingsspielzeug geworfen. Es findet ein "Beutetausch" statt und kein "Beutewegnehmen".

Im übrigen darf der Hund natürlich nicht ständig beim Fressen mit "Aus" oder "Zurück"- Befehlen gestresst werden. Wichtig ist aber, dass er auch hier erst sein Futter nimmt, wenn es ihm gestattet wird. Unterordnungsübungen (besonders "Platz", "Zurück"!) sind für die Rollenfestigung unerlässlich, aber ohne körperlichen Druck.

Wir selbst versuchen uns in der Anwendung hundlicher Kommunikationsmittel seit Anfang Dezember 2004 und sind von dem Ergebnis begeistert. Mich hat es sehr betroffen gemacht, wie wenig ich unseren Oscar verstanden habe (und das, obwohl wir doch soviele Informationen im Vorfeld gesammelt haben).

Wir sind alle glücklich, weil jetzt ein harmonisches Zusammenleben ohne unangenehme Auseinandersetzungen möglich ist. Der gesamte Umgang ist entspannt, Oscar reagiert auf Fingerzeig und über Blickkontakt. Unsere Verhaltensänderung im Umgang mit Oscar hat sofort sein Verhalten in der von uns gewünschten Weise verändert. Wir waren fasziniert, wie einfach doch alles sein kann. Ist eben blöde, wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen kann...

Es ist übrigens in den 16 Monaten, die Oscar bei uns lebt nur zu dreimaliger Knurrerei gekommen (Waldzwischenfall und davor wegen eines gefundenen Brötchens, dass er nicht abgeben wollte sowie beim Herausnehmen aus seiner Badewanne, die Oscar noch nicht verlassen wollte). Ansonsten ließ er sich immer sein Futter und Spielzeug nach einem "Aus" wegnehmen, ohne zu knurren. Jetzt wissen wir halt, was für ihn einen höheren Reiz hat. Oscar wird nicht mehr gegriffen oder irgendwo herausgehoben, sondern über "Zurück" dazu gebracht, von seiner Beschäftigung abzulassen, um dann das eigentliche Kommando zu erhalten ("Weiter", "Schluss", "Raus"). Insgesamt ist Oscar für uns berechenbar, weil er seine hundlichen Kommunikationsmittel nutzt.

Schimpft man ihn für sein Knurren aus, lernt der Hund nur, dass Knurren unerwünscht ist. Man trainiert den Hund unabsichtlich darauf, das nächste Mal ohne Knurren einen Menschen zu beißen.


Zum guten Schluss sei klar gesagt: bei allem Harmoniestreben bestimmen nicht die Hunde, sondern wir die Regeln des Zusammenlebens. Konfliktpotentiale werden hundgerecht im Keim erstickt. Notwendig sind hierfür die Schulung der eigenen Beobachtungsgabe und Vorausschau.


Im übrigen darf auch ein anerkannter Rudelchef getrost Fünfe einmal gerade sein lassen und verliert trotzdem nicht seine Chefrolle. Wer hierzu Fragen hat, kann gerne auf mich zu kommen.

Weitere Ausführungen zu detaillierten Erziehungstipps werden folgen...


Oscar lernt neben seinem Lieblingsspielzeug "Kong" inzwischen auch über Leckerchen.